der folgende Artikel stammt aus der Waiblinger Kreiszeitung vom 17.11.2018
Autorin: Heidrun Gehrke
„Vor einigen Jahren wurde es noch als digitale Selbstdarstellung abgetan, wenn Jugendliche vor der Kamera ihre Schminktipps zum Besten geben oder der Youtube-Gemeinde erzählen, wo sie gestern shoppen waren. Inzwischen wurde daraus ein Social-Media-Thema, mit dem sich sogar die Wissenschaft beschäftigt. Zum „Influencer Marketing“ sprach Professor Christof Seeger von der Hochschule der Medien.
Dagmar Nicole Kazakov ist 24 Jahre jung und muss nach Aussage von Christof Seeger wohl nie mehr arbeiten. Die gelernte Industriekauffrau hat ausgesorgt, weil sie von Firmen dafür bezahlt wird, dass sie deren Produkte vor einem Millionenpublikum online anpreist.
Ihren Fans genügt es, wenn „Dagibee“ – so der Social-Media-Name der Influencerin – einkaufen geht. „Sie muss die Produkte nur auspacken und benutzen“, so Professor Seeger. Er zeigte Fotos von jungen Menschen, die einen Markt stürmen, der von „Dagibee“ besucht wurde. „Sie löst Tumulte aus, dass die Polizei eingreifen musste“, so Seeger.
„Dagibee“ gehöre zu den drei wichtigsten Internetstars mit 3,9 Millionen Followern auf Facebook und 5,5 Millionen Abonnenten auf Instagram. Man müsse gar nicht so weit schauen: Ähnliche Erfolge haben die Zwillingsschwestern Lisa und Lena aus Stuttgart, die inzwischen Fernsehshows moderieren und ähnlich hohen Werbewert genießen. Immer seien es einige, die hohe Präsenz und Ansehen genießen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. „Und dort, wo viele sind, kommen noch mehr dazu, deshalb ist es interessant.“ Die Wissenschaft bewege sich in einem Forschungsfeld, in dem sich die Trends so schnell wandeln, „dass man mit professionellen Strukturen kaum hinterherkommt“, so Seeger.
Influencer Marketing sei ein eigenes, neues Geschäftsmodell mit enormer Reichweite und ein „unterschwelliges Product Placement“. Möglich sei die neue Form der Werbung durch die schiere Präsenz der Smartphones. „Jeder hat sein eigenes Radio- und Filmstudio in der Tasche und kann Produktionen machen“, so Seeger. Jugendliche seien in anderer Form mit Produkten konfrontiert als früher. Die Regeln des Marketing indes seien altbekannt: Influencer praktizierten das „Empfehlungs-Marketing, das es seit der Steinzeit gibt“, so See- ger. Letztlich also die gute alte Mundpropaganda – mit neuen Informationskanälen und einer größeren Reichweite.“